Für Menschen ist es wichtig, sich irgendwo zu Hause zu fühlen. Aber was genau ist Heimat? Man spürt sie kaum. Doch wehe, wenn Heimat plötzlich fehlt. Wenn das Heimweh kommt. Dann schmerzt die Seele und der Wert von Heimat wird spürbar. Heimat ist Freude, Erinnerung, Sehnsucht, Geborgenheit und manchmal auch Schmerz.
Für die meisten Menschen werden Heimatgefühle durch die unmittelbare Umgebung ausgelöst, durch Familie und Freunde oder manchmal auch nur durch einen vertrauten Geruch. Was ist Heimat für dich?
Oldenburg. Dieser Ort ist mehr als nur ein Ort. Er ist meine Heimat. Und Heimat ist vor allem ein Gefühl, ein Gefühl zu wissen, hier sind meine Wurzeln, hier komme ich her und hier gehöre ich hin.
Das Verhältnis zu meiner Heimat hat sich während meines Lebens jedoch immer wieder geändert. Manchmal wurde es mir zu eng, die Geborgenheit eine Last und so musste ich ausbrechen. Da draußen gab es so viel mehr. Deshalb heißt es ja auch ’seinen Horizont erweitern‘ und so ist es auch gewesen. Der Ausbruch aus der Heimat war jedoch relativ leicht, weil er mit dem guten Gefühl einherging, dass es da einen Ort gibt, an dem man sich freut, wenn ich zurückkomme.
Mit meinem Auszug und einem Auslandsaufenthalt lernte ich meine Heimat noch einmal von einer ganz neuen Seite kennen: Hierher kam ich, um meine Familie und Freunde zu besuchen, mich zurückziehen, einmal durchzuatmen. Ein Tapetenwechsel für ein paar Tage, wie ein Kurzurlaub. Ich habe mich jedoch immer schwer getan, nicht ‚ich fahre nach Hause‘ zu sagen, wenn ich meine Familie und Freunde in der Heimat besuchen wollte. Vermutlich ändert sich das erst, wenn man eine eigene Familie in einer anderen Stadt gründet oder das Glück hat, nach einem Umzug, schnell in ein festes Netz von guten Freunden zu fallen, was nicht leicht oder selbstverständlich ist. Viele Beziehungen sind im Gegensatz zu Freundschaften aus der Kindheit oft oberflächlich und unverbindlich. Während des Studiums bspw. lernt man viele tolle Leute mit gleichen Interessen kennen, viele von ihnen gehen jedoch nach dem Studium zurück oder lernen beim Berufsstart neue Menschen kennen und aus Zeitmangel bleiben andere Freundschaften auf der Strecke oder werden immer unverbindlicher. Am Anfang kommt man gut damit klar und mag sogar diese ‚anonyme Art‘ des Lebens in der großen Stadt. Wenn man jedoch mal im Leben strauchelt oder fällt, dann spürt man, wie locker und weit gespannt dieses Netz an Freundschaften ist. Wenn man durchfällt, fällt man hart. Dann vermisst man einmal mehr die Menschen, die einen blind verstehen, weil man tief verwurzelte Erfahrungen und Erlebnisse aus der Kindheit oder Jugendzeit miteinander teilt, die auch Bestand haben, wenn man sich über Monate oder Jahre nicht gesehen hat. Oft fällt nach kurzer Zeit der Satz: Komisch, es ist, als wärst du nie weg gewesen und blickt in funkelnde Augen.
Früher war meine Heimat selbstverständlich. Heute erkenne ich die wahre Bedeutung von Heimat, bin aber sicher, dass ich erst einen Schritt zurücktreten musste, um diese zu erkennen. Heimat ist für mich dort, wo die Familie immer wieder zusammen kommt und man sich wünscht, die Zeit würde stehen bleiben. Heimat ist für mich nicht nur ein Ort, sondern ein tiefes Gefühl. Ein tiefes Gefühl der Geborgenheit, ein Ort an dem ich aufgewachsen bin und wo meine Wurzeln liegen.
So, jetzt habe ich Heimweh bekommen und werde meine Mama anrufen, dass ich am Wochenende nach Hause (… ich hab’s schon wieder gesagt… ) komme. Oder ich setze mich einfach in den Zug und überrasche sie, denn die Tür steht für mich immer offen.